waxy
In der griechischen Mythologie verwendete Daidalos, Vater des Ikarus, Wachs, um sich und seinem Sohn Federn an den Armen zu befestigen und wie ein Vogel fliegen zu können. Ikarus kam der Sonne zu nahe, die das Wachs schmelzen ließ: Er stürzte ab und ertrank im Meer. Wachs wurde auch in der ägyptischen Kultur verwendet, um Mumien einzufärben (Enkaustik). Im alten Griechenland und Rom dienten Wachstafeln als Schreibgrundlage für Notizen, da das Geschriebene wieder gelöscht werden konnte. Das „unberührte“ Jungfernwachs (von unbebrüteten Waben) fand in der antiken und mittelalterlichen Heilkunde bei der Zubereitung verschiedener Arzneimittel Verwendung. Bis zum 16. Jahrhundert wurde Siegelwachs zum Siegeln von Dokumenten verwendet. Der „Lebzelter“, der zuständige Handwerker für Wachs, war im Mittelalter ein hochangesehener Beruf: Er produzierte feine teure Kerzen, Honig und Lebkuchen. In der Renaissance, im Barock und im Klassizismus wurden wertvolle Möbel mit Wachs eingerieben und poliert. Vor allem an Wallfahrtsorten entstanden vielfältige Wachsarbeiten, auch Klosterarbeit genannt. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er-Jahre benutzte man bei Phonographen-Walzen Wachs - erst als Tonträger für einen Vorläufer des Diktiergerätes und später als Ursprungsmaterial für die Original-Aufnahme, die dann nach dem Vergolden in verschiedenen Prozessen vervielfältigt werden konnte. Für die von 1895 bis 1955 hergestellten Schellackplatten und auch für die noch altbekannten Singles und LPs diente ebenfalls immer eine Wachsplatte zunächst für die Ur-Aufnahme, nach dem Zweiten Weltkrieg immerhin noch zum Überspielen der Tonband-Aufnahme. In der Bidserie „waxy“ greift die Künstlerin diesen geschichtsträchtigen Gebrauch des Wachses auf und stellt ihn mit ihren figuralen Collagen in einen neuen, ungewöhnlichen Kontext.